artibeau : kunst in bochum - umsonst und draußen

Übereinander (1964)

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Herbert Lungwitz (1913-1992)
1964
Stahl

Der Heimat- und Verkehrsverein Kettwig stellte Herbert Lungwitz 1991 so vor:

Das typische Merkmal an Lungwitz ist, dass es keine typischen Merkmale gibt: Immer wieder überrascht der Künstler als Formerneuerer, entzieht sich der 78jährige sowohl in Bezug auf Materialien als auch auf die Aussagen seiner Kunst allen Konventionen und Erwartungen. „Wiederholung“, sagt Lungwitz, „ist Dummheit“.
Lungwitz´ Atelier ist ein ehemaliges Schulgebäude in Steele. Hier arbeitet der Künstler, hier empfängt er seine Schüler zweimal in der Woche zum Mal- oder Bildhauerunterricht - hier herrscht der alte Mann mit dem silbergrauen Backenbart über eine Welt bizarr-schöner Figuren, Skulpturen und wandgroßen Reliefs, in denen der Künstler über Liebe, Tod und Geburt, über Unterdrückung durch Staat und Kirche philosophiert. Lungwitz´ Objekte erinnern an Totempfahle oder Götzenbilder, an abgesandte einer phantastisch-surrealen Welt, aus Industrieschrott, Holz und Stein.
„Kunst“ sagt Lungwitz „ist ein Appell an die Sinne, nicht an den Vorstand“. Da sitzt er in seinem grauen Hausmeisterkittel, schüttet sich Milchkaffee aus der Thermoskanne nach und sinniert über den heutigen Kunstbetrieb. Der sei sektiererisch geworden, richte sich nach dem Geschmack einer kleinen elitären Kaste und werde vom Geld bestimmt. „Heute“, die Stimme wird scharf, die Augen leuchten auf, „gibt es kaum noch Kunst. Das ist alles Dekoration.“ Dem „kapitalistischen Spiel“ des modernen Kunstbetriebes, der nur noch Märkte bedient, hat sich der Bildhauer immer verweigert. Lungwitz macht den Unterschied zu einer Großzahl der Kollegen deutlich: „Ich produziere keine Ware - ich bringe meine Gefühle nach draußen.“

Lungwitz wurde 1913 in Weimar geboren, absolvierte eine Ausbildung als Steinmetz und Architekturzeichner, studierte Kunst in seiner Heimatstadt und kam nach dem Krieg ins Ruhrgebiet. Zweieinhalb Jahre lang war Lungwitz als Lehrer für Bildhauerei an der Folkwangschule tätig. Seit l95l arbeitete Lungwitz als freischaffender Künstler, der in seinem Werk stets eine Symbiose zwischen Architektur und Kunst - zwischen Nutzen und Ästhetik angestrebt hat. Ungezählt sind die Skulpturen, die öffentliche Gebäude im gesamten Bundesgebiet schmücken. In Essen gestaltete Lungwitz u.a. die Fassaden des Kennedy-Hauses, des Grillo-Theaters, der Dresdner Bank oder der Essener TÜV-Hauptverwaltung.

In Wattenscheid sind drei Skulpturen von Herbert Lungwitz zu sehen. Mehr sollen es nicht werden. Dazu hat die Verwaltung 2008 mitgeteilt:

Das Schaffen von Herbert Lungwitz ist bedingt von regionaler künstlerischer Bedeutung; weitere Aufstellungen im öffentlichen Raum würden zum einen eine Überbewertung seiner Person bedeuten und könnten zum anderen innerhalb der lokalen und regionalen Künstlerschaft zu berechtigter Kritik führen.

Standort:
Marienstraße / Am Krankenhaus
44866 Bochum (Wattenscheid)

Siehe auch:
Elba
Schimäre
Tisch des Gastgebers

Nachlesen:
Heimat- und Verkehrsverein Kettwig: Herbert Lungwitz
Der Westen: Lungwitz-Plastiken in Wattenscheid

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Chronologie 1957-1980

1957  Am 30.Mai wird der neue Hauptbahnhof in Bochum eröffnet.

1957  Am 5. Oktober 1957 gelingt es Heinz Kaminski, die Signale des Satelliten Sputnik zu empfangen.

1957  Der Bergbau erreicht seine größte Bedeutung in der deutschen Geschichte. Rund 600.000 Bergleute fördern 149 Millionen Tonnen Steinkohle. Das Revier erbringt 12,3 Prozent der westdeutschen Wirtschaftsleistung.

1958  Die Kleinzeche „Lieselotte“ wird am 30. September als erste Zeche in Bochum geschlossen, damit beginnt das Zechensterben im Ruhrgebiet.

1958  Innerhalb von nur zehn Jahren werden 78 Schachtanlagen geschlossen. Die Zahl der Beschäftigten halbiert sich. Importkohle und Erdöl ersetzen die heimische Steinkohle.

1959  Der Wiederaufbau der Probsteikirche wird abgeschlossen.

1960  Das Adam Opel AG Werk Bochum I wird gebaut.

1960  Eisen und Stahl haben Hochkonjunktur. Es gibt Vollbeschäftigung im Ruhrgebiet. Zunehmend werden Gastarbeiter eingestellt.

1961  Im Wahlkampf verspricht Willy Brandt erstmals den „blauen Himmel über der Ruhr“. Niemand nimmt das wirklich ernst.

1961  Bochum errichtet die erste geordnete Mülldeponie in Deutschland.

1962  Die Adam Opel AG eröffnet die erste von insgesamt drei Produktionsstätten in Bochum. Die Werke Bochum II/III werden errichtet. Opel schafft bis zu 20.000 Arbeitsplätze.

1963  Der autobahnähnliche Ausbau des Ruhrschnellweg zwischen Essen und Unna wird nach fast zehn Jahren Bauzeit abgeschlossen.

1963  Der Autobestand im Ruhrgebiet hat sich seit 1949 mehr als verzehnfacht .

1964  wird in der Bundesrepublik offiziell der einmillionste Gastarbeiter begrüßt. Er bekommt ein Mofa geschenkt.

1964  Das Zeiss Planetarium Bochum wird eröffnet.

1964  Am Ruhrschnellweg in Harpen wird das Ruhr-Park Einkaufszentrum als zweites in Deutschland eröffnet.

1965  Die Ruhr-Universität Bochum, erste Hochschule im Revier, wird eröffnet.

1966  Das letzte Grubenpferd geht in Rente (22. Juni Tobias, Zeche General Blumenthal, Recklinghausen, Gedenktafel am Bergbaumuseum).

1966  Das Kammerspielhaus am Schauspielhaus Bochum wird eröffnet.

1967  Mit Lothringen schließt die 51. Zechenanlage an der Ruhr.

1968/69  Die Ruhrkohle AG, RAG, wird gegründet.

1971  Der VFL Bochum steigt auf in die erste Bundesliga.

1972  Peter Zadek wird Intendant am Schauspielhaus Bochum.

1973  Die letzte Zeche in Bochum wird stillgelegt (Hannover/Hannibal)

1973  Die erste Ölkrise gipfelt in Sonntagsfahrverboten.

1973  Es gibt einen Anwerbestopp für Gastarbeiter außerhalb der EG.

1974  Erste S-Bahnen fahren im Revier (S1, S3)

1976  Erste Tempo-30 Zone in Bochum auf Betreiben einer Bürgerinitiative.

1977  Terminal von Richard Serra auf der documenta 6 in Kassel. Von Bochum gekauft, 1979 aufgestellt.

1979  Ruhrstadion (Rewirpower-Stadion) eröffnet.

1980  Der Kemnader Stausee wird freigegeben.

1980  Der RVR veranstaltet den ersten „Tag des Radfahrens“ im Revier.

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